13.02.2009

Nähkästchen (Teil 4)

Das Ende naht. Gegen 16:30 Uhr frage ich in die Runde: Na, haben wir genug geschafft für heute? Nicken. Wenn jemand noch mit mir etwas besprechen möchte, ich bin noch ein paar Minuten da. Wer braucht eine Mitfahrgelegenheit zum Hotel? Machen wir heute Abend etwas zusammen? Ja? Treffpunkt auf dem XYZ-Platz um 19:30 Uhr? Ok. Dann bis dahin. Verabschiedung. Zwei fahren mit mir mit.

Bis zum Treffen noch kurz ins Internet: Blogs kommentiert, E-Mails abgerufen, im Twitter nachgeschaut, was die Welt so denkt. Bürokram erledigt, soweit man das im Hotel tun kann. Dann bummeln durch die Stadt, Geschäfte anschauen, den Alltag genießen.

Wir treffen uns. Jemand schlägt ein Restaurant vor und wir gehen in diese Richtung. Kleingruppenbildung. Ich frage, ob die Unterbringung auch überall zufriedenstellend ist. Die meisten waren schon öfters im Fortbildungszentrum und berichten von ihrem gerade absolvierten Saunagang. Wir schlendern die Straße entlang und ich bemerke, dass die Gruppe doch recht gut miteinander auskommt und bislang niemand eine Außenseiterrollen wahrnimmt.

Das Studium der Speisekarte führt zum Vergleich der regionalen Küchenkenntnisse. Was man sich empfehlen würde - bei kleinem oder bei großem Hunger. Die Getränke rücken an. Man erzählt sich schnell private Kleinigkeiten: wo der letzte Urlaub war, die Hobbys werden ausgepackt und berufliche Veränderungen angesprochen. Mittlerweile sind wir alle beim Du angekommen. Ich erfahre 'bekannte' und neue Neuigkeiten. Die Zwanzigjährige bringt sich ins Gespräch genauso locker ein wie der Sechzigjährige. Familie, Kinder, Alleinerziehung, Angehörigenpflege, Auslandsaufenthalte - alles kommt irgendwann ans Tageslicht. Auch schwierige Themen, wie Mobbing und die Meinung über verfehlte Stellenbesetzungen werden beim Einnehmen der Speisen bearbeitet. Die zweite oder dritte Runde wird eingeläutet: getränkemäßig.

Was ich denn noch so mache, wird gefragt. Kurse, Coaching, Konzeption/Durchführung von Weiterbildungsprojekten und Hilfe an der Schnittstelle Mensch/Computer/Internet. Ob ich denn auch programmieren könnte oder diese oder jene Software kennen würde? Ob ich mich auch mit Projektmanagement auskennen würde? Was ich denn studiert hätte? Viele Fragen und ich beginne ein wenig über meine Arbeit zu reden ... Irgendwann auch von den neuen interessanten Erfahrungen im Web 2.0 und von Twitter. Einige kennen sich mit Chatten, Blogs und dem social network bereits aus. Andere blocken ein wenig ab: Wozu das denn gut sein soll? Dass man gar nicht so viel Zeit privat dafür hat ... Ich frage nach. Ob die Kinder in der Familie nicht damit Umgang haben oder der Partner, die Partnerin? Ob jemand auch Online-Rollenspiele spielt? Ob das Thema Computersucht ein Problemthema wäre. Ja, dazu würde ich auch Vorträge halten und man kann mich auch gerne in eine Schule einladen ... Wo denn alles hinführen wird ... Ob ich da nicht etwas zu sagen könnte ... Manchmal erzähle ich etwas von meine Spielfiguren in Online-Spielen, von den Freunden im Forum, von den neuen Bekannten in Twitter. Manchmal zeige ich die Kräuterbonbons, die meine kleine Hexe immer bei sich trägt und manchmal erzähle ich etwas von der neuen, virtuellen Welt, wo wir mit den Vorstellungen der 'realen Welt' oft an die Grenzen stoßen, wo andere Regeln gelten und wo in atemberaubender Geschwindigkeit neue intensive Beziehungen entstehen und wieder vergehen, wo Spaß und seelisches Leid wie im realen Leben gefühlt werden und wo riesige Infrastrukturen von den Beteiligten erstellt werden, um den Spielspass zu organisieren. Manchmal führt das zu Staunen, dass der Mensch solche Welten wie "Second Life" erschaffen hat in den letzten Jahren. Fast unbegreifbar für alle, die noch keinen Blick hineingeworfen haben; selbstverständlich für andere, die ihre Geschichten dann erzählen. Ich flirte für eine kritische Neugier und erzähle, dass sogar Hochschulen in diesen Welten ihren Unterricht abhalten.

Um 22 Uhr wird es Zeit für uns. Der Tag war lang und der morgige Tag ist wichtig für die Gruppe, da ist ein klarer Kopf wichtig und wenig Zeit für Müdigkeit. Wir brechen auf und auf dem Rückweg zum Hotel wird unsere Gruppe immer ein wenig kleiner. Gute Nacht und bis morgen.

Warum das alles? Der Mensch ist Mittelpunkt. Und nur wenn wir ihn ganz wahrnehmen, können ernst gemeinte Lernprozesse greifen, dann aber mit einer unerwarteten Heftigkeit.

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