24.02.2009

Weshalb meine Schuhgröße im Netz steht

Hab gerade einen Kommentar zu dem Beitrag von Sascha Lobo "Weshalb meine Schuhgröße im Netz steht" geschrieben. Er bezieht sich auf den Artikel selbst und seine bislang 3 Kommentare:

Doch - im Internet gibt es viele Seelen: Die meisten sind nicht gerade glücklich. 30km von Paderborn entfernt in einem 300 Seelenkaff (!) gibt es nicht wirklich was für junge weibliche Seelen. Ausbrechen geht manchmal nicht, weil da Kinder und der Mann abends sind. Aber es gibt das Internet! Und da kann man sein "zweites" Leben führen: fiktiv natürlich, als Avatar freilich, und nach Gefühlen und Verständnis suchend! Wäre das nicht so, für was würde man dann noch leben wollen??? Die Realität (das "real life" oder Realleben (RL)) bietet ja nicht wirklich was.

Sollen wir nun beide (lieber Leser/liebe Leserin) Google-Earth anwerfen und über die deutschen Landen fliegen und Ausschau halten nach den Inseln des Glücks? Wo sind die denn? Wer es nun immer noch nicht kapiert hat, social web, mmorpg, twitter, bloggen, chatten und flirten sind die Dinge, die einem manchmal nur noch bleiben. Wenn man sie betreibt, dann nur, um in einer schöne Illusion seine Zeit zu verbringen. Dann ist es nur natürlich, dass man sich ausstaffiert, allerdings so, dass man für andere erreichbar bleibt (26 Jahre, weiblich, Student ... - wie oft habe ich das schon gelesen).

Natürlich gibt es die Web-Elite, die das nicht nötig hat; die von einem Hype zum anderen hüpft (der Verfasser ganz oben gehört auch dazu), aber es gibt auch den 40-jährigen Arbeitssuchenden und die 70-jährige am Laptop im Heim, die ein Online-Spiel den ganzen Tag lang spielt, weil es sonst nichts im wirklichen Leben gibt. Nicht zu glauben? Seelen? Seelen! Und da können Admins so viel sie wollen an den Steckern ziehen. Das Leben - auch das virtuelle - findet immer einen Weg ...

Itari [itari_itari@twitter]

13.02.2009

Takt

Taktgefühl :: Respekt vor den Geheimnissen der fremden Seele.

Etikette, Knigge und gutes Benehmen sind eine Sache, Takt eine andere.

Ein ausgeprägtes Taktgefühl ist im sozialen Umgang nicht zu unterschätzen. Taktvolle Kommunikation bewahrt Gesprächspartner vor Peinlichkeiten. Das setzt Empathie voraus und bedeutet: Man muss sich selbst zurücknehmen können. Gar keine so leichte Sache.

Takt ist angewandte soziale Intelligenz: Er baut Konflikte ab und verhindert Stress. Kinder und alte Menschen sind oft ziemlich ehrlich - und taktlos.

Authentizität

Ein schöner Artikel in der Psychologie heute (Oktober 2008) zu diesem Thema.

"Eigentlich bin ich ganz anders, aber ich komme so selten dazu!" Als authentisch gilt, wer in Übereinstimmung mit sich selbst, mit seinen innersten Überzeugungen und Werten lebt und aus ureigenstem Antrieb handelt. Authentizität ist das ungehinderte Ausleben des wahren Selbst im Alltag.

So wird versucht, den Begriff zu füllen. Echtheit - wir wollen so leben, dass wir uns treu bleiben können. Wir leiden, wenn wir uns verbiegen müssen. Maslows Idee der Selbstverwirklichung hat unsere Zeit geprägt. Aber: Erfinden wir unsere Authentizität oder entdecken wir sie nur? Die Suche nach dem wahren Ich gestaltet sich als schwierig. Ist das Zeigen von Gefühlen bereits Echtheit? Oder erst, wenn es an die Grundüberzeugungen geht, an die eigenen Werte? Hängen wir einem Selbstklischee an oder sind wir ehrlich zu uns selbst? Ist das Authentische auch das Kluge, das Sinnvolle in jeder Situation? Oder schließen wir nicht aus Rücksicht auf uns und andere ständig Kompromisse? Lieber ein charmanter cleverer Hochstapler als ein ehrlicher gradliniger Typ sein, der wegen seiner Offenheit gemieden wird?

Die Virtualisierung des Lebens schreitet voran. Wir präsentieren uns dort so, wie es unseren Wunschbildern entspricht: als Avatar oder Fake. Oft nehmen wir sogar multiple Identitäten an. Thomas de Zengitca schreibt: "Von nun an werden die Menschen sich selbst erfinden und diese Erfindungen aufführen. Sie werden nie wieder einfach nur sie selbst sein." Hat es eigentlich je die Realität gegeben? Oder war Realität nicht schon immer ein Konstrukt? Denn auch das Echte muss ja inszeniert werden und geschickt präsentiert werden, damit es überhaupt wahrgenommen wird. Wer nicht authentisch rüberkommt, muss sich "neu erfinden", heißt es, will sagen, muss sich eine neue Persona zulegen, am Image feilen. So kommt es zu der paradoxen Situation, dass uns der als authentisch erscheint, der am besten diese Rolle spielt ...

Kennen und Vertautsein

"Sage mir, mit wem du Umgang hast, und ich sage dir, wer Du bist."

Schönes Sprichwort. Enthält eine Wahrheit. Stammt aus einer "langsamen Zeit"; also einer vergangenen Zeit, wo die Lebensumstände und -entwicklungen langsam vonstatten gingen. Wo der Mensch am Morgen wusste, was er am Abend machen wird. Wo er in seiner Jugend den Grundstock für sein Leben und sein Alter legte. usw. usw.

Das Sprichwort müsste man ein wenig verändern, damit es besser in die heutige Zeit passt (es würde natürlich auch in der Vergangenheit seine Gültigkeit behalten, der Blickwinkel wäre nur anders): "Zeige mir, mit wem du deine Kommunikation pflegst und ich sage dir, wer du werden wirst."

Kommunikation verändert uns. Wir lernen hauptsächlich Neues, Einstellungen, Haltungen, Kenntnisse durch Kommunikation. Die Medienwelt hat Einfluss auf unser Leben bekommen. Die meisten Menschen kommunizieren nicht mehr direkt, sondern über Kommunikationsmittel. Wir haben zu viel mehr Kommunikationspartnern Verbindungen als in früheren Zeiten es je war. Die Welt ist vielfältig und wir müssen sie erlernen, um sich in ihr zurechtzufinden. Diese Anpassungsleistungen verändern uns ständig. Wir verändern uns.

Lernen wir jemanden kennen, dann wissen wir etwas über ihn und machen uns ein Bild über die uns wichtigen aber fehlenden Dinge. Nach einem Prozess des Abgleichens stellen wir fest, dass unser Bild stabil bleibt und wir prognostizieren, dass es auch in (naher) Zukunft so bleiben wird. Diesen "Kennen" als Basis erzeugt ein "Vertrautsein" mit dem anderen. Unser kognitiver Dissonanz-Apparat verzaubert uns ab dann, die neuen Informationen über den Anderen so zu filtern, dass wir uns in unserer Meinung bestätigt fühlen. Erst wirklich große Abweichungen werden als Abweichung wahrgenommen, denn wir möchten uns in unserem Bild vom Anderen nicht selbst enttäuschen. So stabilisiert sich die Vertrautheit selbstregulierend.

Wir verändern uns. Alle anderen auch. Es ist völlig klar und normal, dass dies so ist. Es ist auch völlig klar und normal, dass wir irgendwann einmal an die Grenzen unserer Vertrautheit mit anderen stoßen; sie werden wieder "fremd" für uns. Manchmal enttäuschen sie uns dadurch. Nein eigentlich enttäuschen sie unser Bild und unser Stimmigkeitsgefühl über das Bild von ihnen. Auch umgekehrt passiert dies: Wir werden fremd für andere.

Manchmal wird man von der "Fremdheit" positiv überrascht und man genießt sie. Man hat sich zusammen (weiter-)entwickelt. Manchmal ist die "Fremdheit" verletzend: "so kannte ich dich ja bisher noch gar nicht".

Manchmal wird jemand nicht fremd: "Herr K. traf  B. nach 20 Jahren wieder. B. war immer noch der alte - er hatte sich gar nicht verändert." Dann wird es ganz schlimm.

Nähkästchen (Teil 4)

Das Ende naht. Gegen 16:30 Uhr frage ich in die Runde: Na, haben wir genug geschafft für heute? Nicken. Wenn jemand noch mit mir etwas besprechen möchte, ich bin noch ein paar Minuten da. Wer braucht eine Mitfahrgelegenheit zum Hotel? Machen wir heute Abend etwas zusammen? Ja? Treffpunkt auf dem XYZ-Platz um 19:30 Uhr? Ok. Dann bis dahin. Verabschiedung. Zwei fahren mit mir mit.

Bis zum Treffen noch kurz ins Internet: Blogs kommentiert, E-Mails abgerufen, im Twitter nachgeschaut, was die Welt so denkt. Bürokram erledigt, soweit man das im Hotel tun kann. Dann bummeln durch die Stadt, Geschäfte anschauen, den Alltag genießen.

Wir treffen uns. Jemand schlägt ein Restaurant vor und wir gehen in diese Richtung. Kleingruppenbildung. Ich frage, ob die Unterbringung auch überall zufriedenstellend ist. Die meisten waren schon öfters im Fortbildungszentrum und berichten von ihrem gerade absolvierten Saunagang. Wir schlendern die Straße entlang und ich bemerke, dass die Gruppe doch recht gut miteinander auskommt und bislang niemand eine Außenseiterrollen wahrnimmt.

Das Studium der Speisekarte führt zum Vergleich der regionalen Küchenkenntnisse. Was man sich empfehlen würde - bei kleinem oder bei großem Hunger. Die Getränke rücken an. Man erzählt sich schnell private Kleinigkeiten: wo der letzte Urlaub war, die Hobbys werden ausgepackt und berufliche Veränderungen angesprochen. Mittlerweile sind wir alle beim Du angekommen. Ich erfahre 'bekannte' und neue Neuigkeiten. Die Zwanzigjährige bringt sich ins Gespräch genauso locker ein wie der Sechzigjährige. Familie, Kinder, Alleinerziehung, Angehörigenpflege, Auslandsaufenthalte - alles kommt irgendwann ans Tageslicht. Auch schwierige Themen, wie Mobbing und die Meinung über verfehlte Stellenbesetzungen werden beim Einnehmen der Speisen bearbeitet. Die zweite oder dritte Runde wird eingeläutet: getränkemäßig.

Was ich denn noch so mache, wird gefragt. Kurse, Coaching, Konzeption/Durchführung von Weiterbildungsprojekten und Hilfe an der Schnittstelle Mensch/Computer/Internet. Ob ich denn auch programmieren könnte oder diese oder jene Software kennen würde? Ob ich mich auch mit Projektmanagement auskennen würde? Was ich denn studiert hätte? Viele Fragen und ich beginne ein wenig über meine Arbeit zu reden ... Irgendwann auch von den neuen interessanten Erfahrungen im Web 2.0 und von Twitter. Einige kennen sich mit Chatten, Blogs und dem social network bereits aus. Andere blocken ein wenig ab: Wozu das denn gut sein soll? Dass man gar nicht so viel Zeit privat dafür hat ... Ich frage nach. Ob die Kinder in der Familie nicht damit Umgang haben oder der Partner, die Partnerin? Ob jemand auch Online-Rollenspiele spielt? Ob das Thema Computersucht ein Problemthema wäre. Ja, dazu würde ich auch Vorträge halten und man kann mich auch gerne in eine Schule einladen ... Wo denn alles hinführen wird ... Ob ich da nicht etwas zu sagen könnte ... Manchmal erzähle ich etwas von meine Spielfiguren in Online-Spielen, von den Freunden im Forum, von den neuen Bekannten in Twitter. Manchmal zeige ich die Kräuterbonbons, die meine kleine Hexe immer bei sich trägt und manchmal erzähle ich etwas von der neuen, virtuellen Welt, wo wir mit den Vorstellungen der 'realen Welt' oft an die Grenzen stoßen, wo andere Regeln gelten und wo in atemberaubender Geschwindigkeit neue intensive Beziehungen entstehen und wieder vergehen, wo Spaß und seelisches Leid wie im realen Leben gefühlt werden und wo riesige Infrastrukturen von den Beteiligten erstellt werden, um den Spielspass zu organisieren. Manchmal führt das zu Staunen, dass der Mensch solche Welten wie "Second Life" erschaffen hat in den letzten Jahren. Fast unbegreifbar für alle, die noch keinen Blick hineingeworfen haben; selbstverständlich für andere, die ihre Geschichten dann erzählen. Ich flirte für eine kritische Neugier und erzähle, dass sogar Hochschulen in diesen Welten ihren Unterricht abhalten.

Um 22 Uhr wird es Zeit für uns. Der Tag war lang und der morgige Tag ist wichtig für die Gruppe, da ist ein klarer Kopf wichtig und wenig Zeit für Müdigkeit. Wir brechen auf und auf dem Rückweg zum Hotel wird unsere Gruppe immer ein wenig kleiner. Gute Nacht und bis morgen.

Warum das alles? Der Mensch ist Mittelpunkt. Und nur wenn wir ihn ganz wahrnehmen, können ernst gemeinte Lernprozesse greifen, dann aber mit einer unerwarteten Heftigkeit.

12.02.2009

Nähkästchen (Teil 3)

Die Wände füllen sich mit Flip-Charts zu den verschiedenen Themen: Drucker, Bildschirm, Spracheinstellungen der Tastatur. Wie funktioniert eigentlich ein Programm? Datenbereich, Code-Segment, Stack, virtuelles Memory, Page-Faults, Auslagerungsdatei. Wie kann man einstellen, ändern, nachschauen, messen ... Fragen werden gestellt, gegoogelt und immer wieder nachgeschlagen im Wiki oder im Buch. Zusammenfassungen in Form von Mind-Maps entstehen. Ganz im Sinne von Visual Facilitating & Graphic Recording – das bedeutet mit Grafik, Text und Bildern die Kommunikation in Gruppen zu erleichtern. Alle stellen Fragen, alle sind engagiert. Es bilden sich spontan Zweiergruppen, die auf meine Rückfragen Einstellungen an ihrem PC ausprobieren oder im Web Details recherchieren.

Zeit für den ersten Fragebogen.Ich kündige ihn als einen Test an. Erschrecken. Wie? Tests werden hier geschrieben? Ja, klar! Aber es sind ganz besondere Tests. Man darf alle Hilfsmittel, wie Internet, Buch, eigene Skripte verwenden, inklusive der Möglichkeit, vom Nachbarn abzuschreiben. Ah so. Und Abgeben braucht man den Test auch nicht. Der erste Test ist ein Multiple-Choice-Test. Beispiel-Fragen:

1. Welche Bauteile befinden sich auf der Hauptplatine eines PCs?  Mikroprozessor | Festplatte | Bussystem | BIOS
2. Welche Aufgaben hat das RAM? versorgt den Prozessor mit Daten | flüchtiges Zwischenspeichern von Daten | ersetzt eine Festplatte | löscht überflüssige Daten
3. Was bedeutet der rote Streifen auf einem Flachbandkabel? kennzeichnet eine Festplattenkabel | kennzeichnet ein High-Speed-Kabel ("Rallystreifen") | kennzeichnet Pin-1 | kennzeichnet Pin-50

Wie der geneigte Leser sofort sieht (*gg*), sind die Fragen bei genauem Durchdenken nicht eindeutig zu beantworten. Ist das BIOS nicht eher ein Programm und gar kein Bauteil oder ist der Chip da hinten nicht der Sitz des BIOS? Kann ein RAM nicht auch eine Festplatte simulieren (RAM-Disk)? Und ist das Teil mit dem roten Streifen nicht meist ein Festplattenkabel und zugleich eine Pin-Kennzeichnung?

Die Auswertung der Fragen wird von den Teilnehmern selbst durchgeführt. Es geht der Reihe nach Frage für Frage und jeder berichtet und begründet seine Antworten. Dann wird diskutiert, ob man die Frage nicht auch anders hätte beantworten können ... manchmal muss man ein wenig nachhelfen. Niemand hat das Gefühl getestet worden zu sein.Das Gefühl ist eher wie beim Quiz - man will verstehen, was denn nun richtig ist und was unrichtig. Und man muss seinen Standpunkt vertreten. Oft ist der erste Schluss nicht ganz durchdacht und die Fragen gewinnen an Tiefe. Das ist ja auch der Sinn der Übung: Sich selbst sicherer im Verständnis und in der Kenntnis zu machen. Nicht immer sind es todernste Antwortvorgaben; nicht immer sind es Multiple-Choice-Fragen.

Wenn die Gruppe gut ist, dann dürfen die Teilnehmer ab dem 3. Fragebogen sich selbst Fragen und dazugehörige Antworten ausdenken. Entweder finden sich Zweier-Gruppen oder jeder macht 2 Fragen selbstständig. Die Fragen werden von mir eingesammelt und als Text ausgedruckt und dann wird verteilt. Bei der Auswertung dürfen die Fragesteller moderieren. Fast immer sind die Fragen niveauvoll (reflektieren den durchgenommenen Stoff) und fair. Mittlerweile habe ich einen beachtlichen Fragen-Fundus. Wenn das Fragebogen-Spiel eingeübt ist (in den weiterführenden Kursen sowieso), gibt es Zeitvorgaben beim Ausfüllen. Auch wenn manchmal eine Frage nicht beantwortet wird, empfinden die Teilnehmer keinen Stress, sondern freuen sich auf diese Art der Wiederholung und Vertiefung, denn fast immer findet eine klärende und vertiefende Diskussion statt.

Praxis, Praxis, Praxis. Die zweite Form der Teilnehmertestung sind die Fehler-Such-Workshops. Die Gesamtgruppe wird geteilt. Der eine Teil verlässt den Raum. Die andere Gruppe baut einen Fehler, ein Problem in einen Testrechner ein und wählt einen aus ihrer Mitte, welcher den "hilfesuchenden User" spielt. Dann wird die zweite Gruppe instruiert, wer Gruppenführer spielt und den Dialog mit dem User führt. Dann treffen beide Gruppe wieder zusammen und der Dialog einer Support-Situation wird eingeleitet. Natürlich werden die Rollen überzeichnet gespielt und fast immer wird alles mit einem Schmunzeln von dem Rest kommentiert. Je nach Aufgabenstellung wird mehr Wert auf das Lösen des Fehlerfalls, auf die Kommunikationssituation oder auf das methodische Vorgehen bei der Diagnose gelegt. Die Lösung dauert zwischen 10 und 60 Minuten je Fall. Wenn sich keine Lösung abzeichnet, werden schon rechtzeitig Hinweise gegeben. Anschließen wird eine Auswertungsrunde durchgeführt, wo alle ihre Gefühle schildern und die Lösungssuche und die dabei aufgetretenen Schwierigkeiten angesprochen werden.  Fast immer wird irgend etwas Neues angesprochen, fast immer gibt es humorvolle Situationen. Die Begeisterung für diese Rollenspiele ist sehr hoch. Selbst nach den Kursen wird im Kollegenkreis darüber berichtet und es gibt gelegentlich Teilnehmer, die sich nur aus diesem Grunde zu den Fortbildungen anmelden obwohl sie es gar nicht müssten. Da der Schwierigkeitsgrad beliebig skalierbar ist, sind "alte Hasen" wie "Frischlinge" bedienbar. Falls die Motivation mal nicht ganz so ausgeprägt ist oder die vorgeschlagenen Probleme unrealistisch werden, greife ich natürlich mit Vorschlägen ein. In den fortgeschritteneren Modulen werden auch kommunikative Problemsituationen gespielt. Es ist hierbei immer wieder erstaunlich, wie realitätsnah trotz Übertreibung doch die Rollen gespielt werden. Selbstverständlich findet alles auf freiwilliger Basis statt; wer nicht mag, darf auch nur als Zuschauer mitwirken oder gesellt sich nur zu der Gruppe, die jeweils die Problem einbaut. Hab ich vergessen zu erwähnen, dass die Gruppen sich immer abwechseln mit der Rollenverteilung? Und habe ich auch vergessen zu sagen, dass es oft schwieriger ist, sich ein Problem auszudenken als eines zu lösen? Na gut, dann muss das wohl auch mal gesagt werden.

Nähkästchen (Teil 2)

Erste Fortbildungsmodul. Wie alles beginnt.

Sechs Uhr Montag morgen. Zwei Stunden Autobahnfahrt, dann sind wir am Ziel. Die Fortbildungsstätte wacht so langsam auf. Der Pförtner schließt den Schulungsraum auf. Ein erster Blick verrät, dass die vereinbarten Kopien der Teilnehmerunterlagen in einem Karton bereits stehen. Ein zweiter Blick verrät: es sind die Richtigen. Schnell die Signaturseite noch in den Hefter eingelegt. Die Signaturseite ist eine beliebige Seite, die nicht als Original beim Kopiercenter liegt. Sie enthält bei jedem Kurs einen anderen Rechtschreibfehler. So kann man ein wenig genauer nachverfolgen, wann und von wem die Unterlagen möglicherweise (und unerlaubter Weise) kopiert wurden. Einschalten der PCs, einloggen und schauen, ob die Betriebssystemversion auch wie abgesprochen eingespielt ist - und ob das Netzwerk geht. Oh Pech heute morgen. Natürlich das falsche Windows auf den Rechnern. Aber ins Netz gehts. Also schnell die für einen solchen Fall vorbereiteten DVDs ausgepackt, die Netzwerk-Adressen noch gerade notiert und dann per Imagekopie die neue Software auf die PCs eingespielt. Macht 30 Minuten schlechte Laune - dann geht das auch vorbei.

Um 10 Uhr geht es los. Noch eine Stunde Zeit. Kurzer Besuch bei dem Leiter des Fortbildungszentrums: Shaking hands and some smalltalk. Ob ich einen Kaffee mag, fragt die Sekretärin. Das sollte sie so langsam doch wissen: klar! Danach eine schnelle Runde bei allen wichtigen Leuten im Center: Kopierraum, Netzwerk-Admin, und meinen speziellen Freunden. Noch 30 Minuten. Es wird Zeit wieder in den Schulungsraum zurückzugehen und sich auf die ersten Teilnehmer zu freuen. Ein wenig Gesichtstraining: Cheese, Smiling, Chester ... Wenn man nicht in den ersten 3 Minuten ein Strahlemann/-weib ist, dann wird es in der ersten Stunde zäh.

Das erste Gesicht erscheint im Türrahmen. Ja hallo erstmal ... es ist ja so schön heute morgen ... und das Wetter hält auch, was es verspricht ... und wo man denn herkommt und wie die Fahrt so war ... ob man sich schon auskennt hier ... ja die Cafeteria ist noch an der selben Stelle ... Der Nächste steht im Türrahmen ...

In den ersten 3 Sekunden in den Nahbereich per Smalltalk vorstoßen und man kann dir nicht mehr böse sein ... und immer lächeln.

Fünf vor Zehn sind alle 6 Teilnehmer da. Das ist nicht immer so. Manchmal brauchst den ganzen Vormittag, bevor alle da sind. Das ist dann ein ewiges Wiederholen der Zeremonie. Aber was solls. Der Kunde ist ja König. Hihi. Du musst nur schauen, dass die Königreiche untereinander keine Krieg anfangen.

Begrüßungsrunde. Nochmal hallo. Wer was schon einmal hier gewesen, wer ist das erstmal auf Kurs. Erläuterungen, wo was wie wann warum so ist wie es ist. Und dann der obligatorische Sicherheitshinweis: Wenns Feueralarm gibt, dann nicht per Aufzug, sondern direkt aus dem Fenster springen. Haha, war nur ein Scherz. Wo es für kleine Männer und Weiber hin geht, und wer nochmal gerade dahin muss ... Wie es mit den Pausen gehandelt werden soll (Raucher sind ja sowas von nervös) ... alles klar oder hat noch jemand etwas auf dem Herzen? Wann wir am Mittwoch aufhören ... ja am späten Nachmittag ... der Zug geht aber schon früher (??? ach nee Flieger) und man könne eigentlich nur bis ... ob das denn berücksichtigt werden könnte? (Ob ich jetzt den Scherz mit dem Telefonat mit dem Cheffe anbringen soll? - Nee ist noch zu früh und zu direkt, macht eventuell zuviel Stress.)

Ja und nun würde mich schon interessieren, wer wir so sind, was wir hier wollen und vor allem was wir voneinander halten wollen. Jeder stellt sich vor, erzählt was er/sie sonst so macht und ob der PC auch zur Hause auf einem kleinen Altar steht und ihm eifrig gehuldigt wird. Wann man sich so das erste Mal gefragt hat, was denn diese Buchstaben "PC" bedeuten ... haha als man die Windel an hatte, sozusagen mit der Muttermilch ... ach erst vor kurzem, weils bei der Aldina so verlockende Angebote gab und man endlich auch mal in Internet wollte ... nun ja ... aber auf dem Schreibtisch am Arbeitsplatz hat jeder/jede einen eigenen PC? Nicht? Doch! Klar! Und wer weiß schon alles über den PC? Experten vor ... ah, schon mal ein Betriebssystem selbst installiert ... oh, kein Windows, sondern ein Mac ... Linux? Echt? Kubunto? Toll .... Hat sich jemand auf die Fortbildung speziell vorbereitet? Autogenes Training meinte ich nicht ... haha ... nein - keine Zeit gehabt ... notwendig? ... nein, aber wäre halt schön gewesen, wenn .... effektiver das Ganze dann ... ob ich was voraussetzen würde? ... nein ... man darf auch ganz dumme Fragen stellen (sichtliche Erleichterung) und dumme Fragen gibt es sowieso nicht, nur dumme Nicht-Frager ... ich werde über die Fragenanzahl eine Strichliste führen, wer bis Mittwoch die wenigsten Fragen gestellt hat, dem wird der Titel "Dummerchen" verliehen ... ob ich das ernst meine ... klaro ... ... ...

Ich notieren die Rangfolge im Kopf: Wer weiß schon genug, wer wird wohl am meisten Unterstützung brauchen, wer wird sich mit mir reiben wollen ... 99%-Trefferquote. Wenn ich später die Gruppen zusammenstelle, dann wird 1,3 und 4 und 2,5 und 6 zusammen sein. Ja das wird dann passen. Namensschilder schnell aufs Blatt übertragen. Teilnehmerliste rundgegeben.

Was werden wir die 3 Tage zusammen machen? Ich stelle die Themenliste vor und erläutere das Ziel und das Konzept: Praxis, Praxis, Praxis soviel wie möglich. Kopfnicken in der Runde. Und soviel Theorie wie nötig, damit die Praxis auch geht. Wieder Kopfnicken. Und wir halten uns nicht mit langweiligen systematischen Vorträgen auf. Ich stelle Fragen in die Runde. Wenn die Antworten nur so sprießen, dann geht es schnell weiter. So halten wir uns nicht mit Dingen auf, die sowieso jeder kennt und können uns ganz gezielt mit dem auseinandersetzen, was noch nicht klar ist und was neu ist. Wenn es für jemanden zu schnell ist, dann legen wir eine Wiederholungsrunde ein. Und die wird dann jemand machen (ein Teilnehmer), der es schon verstanden hat. Warum? Weil jeder ein wenig anderes erklärt und man so eine andere Sichtweise kennenlernen kann.

Die Agenda halte ich auf einem Flipchart fest, schreibe die ungefähren Dauern der einzelnen Themenblöcke fest und frage dann in die Runde: Haben wir alles? Ist das unser Kurs? Hat noch jemand ein Thema, das unbedingt untergebracht werden muss? Wer hat was gegen diesen Kurs-Fahrplan? Einstimmig! Ok, wann immer jemand das Gefühl hat, dass wir etwas anders machen sollten oder etwas vergessen haben, dann korrigieren wir gemeinsam den Plan. Ach nebenbei, am Mittwoch nachmittag (am Ende der Veranstaltung), wäre der Zeitpunkt, einen neuen Plan aufzustellen, nicht sonderlich produktiv, weil wir keine Zeit mehr hätten ihn umzusetzen. Also wer dann erst feststellt, dass er/sie im falschen Kurs sitzt, der sollte sich jetzt melden (grinsen in die Runde) - Botschaft angekommen? Konsensbildung abgeschlossen.

Das erste Thema handelt von dem, was einen PC zum PC macht: dem Prozessor. Wer kennt denn einen Prozessor beim Namen? Pentium? Intel? Apple? 8088? Atom? Hmm. Sollten wir glatt mal die PCs anmachen und im Internet nachschauen, ob es etwas bei Wikipedia zu diesem Stichwort gibt. *rappel, rappel, fluch* Wo denn der Einschalter wäre ... 10 Minuten später ... Wie sucht man etwas bei Wikipedia? Wer hat schon etwas gefunden? Ach - dann schauen sie doch einfach mal bei ihrem Kollegen nach, wie er das gemacht hat .... ... .... Gibt es irgendwelche Merkmal, wie man das Thema Prozessor einkreisen kann? Takt? 32/64-Bit? Front-Side-Bus? Cache? Hyperthreading? Multi-Core? Die Antworten kommen immer schneller ... ich gehe der Reihe nach bei jedem Teilnehmer vorbei und hole mir ein Stichwort ab ... schön schön ... das Flip-Chart füllt sich. Ein neues Thema wird angeschnitten: RAM. Und auch Motherboard. Bus? Hab ich da North-Bridge gehört? Ich stelle meinen PC auf den Tisch und krame einen Schraubendreher aus meine Tasche. Wer hat schon einmal einen PCs aufgemacht? Wie geht das? Ich drücke jemanden den Schraubendreher in die Hand und fordere ihn auf, den PC zu öffnen. Wir stehen alle um den geöffneten PC herum und ich frage: Wo ist denn der Prozessor? Ein klobiger Ventilator verdeckt den Chip und jemand zeigt darauf und erklärt, dass darunter der Prozessor sitzt. Ich frage: Warum wird ein Prozessor so heiß, dass man einen Kühler braucht. Eine Diskussion über Thermik, Stromverbrauch und grüne PCs beginnt. Ich teile die Bilderbücher aus (Ron Whites visueller Streifzug durch den Computer) und wir blättern via Stichwortverzeichnis auf die Seite mit den Prozessoren. Hübsch - nicht wahr? Ja, da wird auch noch mehr erklärt. Ist allerdings nicht mehr ganz aktuell, aber das Grundsätzliche kann man da nachlesen. Tolle Bilder? Ja, ist ein gutes Buch. Ob man es behalten darf. Klaro, aber nur wenn versprochen wird, es auch zu lesen und es danach zu vererben. Wieso? Weil das kein Bücherregalbuch ist, sondern ein Leserbuch - es will von einem Leser zum anderen weitergereicht werden *vorsichtiges Lächeln* Gleich machen wir unsere erste Pause. Ich denke, wir haben sie und den Kaffee auch verdient. Vielleicht werden wir uns nach der Pause duzen. Ich hab wieder mal Glück: Ist eine tolle Gruppe. Scheint nett zu werden. Naja, man soll den Tag nicht vor dem Abend loben ...

Nähkästchen (Teil 1)

Berichte über Unterricht geben mehr her als man denkt, wie wohl sich damit meine Empfehlung nach pädagogischen Poems indirekt bestätigt. Daher möchte ich auch über mein Unterrichten etwas erzählen. Da es sich hierbei nicht um spezielle Methoden handelt (auch nicht um LdL), passen diese Berichte nicht unbedingt in den Kontext anderer Stellen. Methodisch könnte ein wenig von dem enthalten sein, was ich einmal in einem Blogbeitrag "Lernen durch Questen" beschrieben habe, was aber höchstens im Nachherein als Klammer dienen könnte, denn die Situationen, die ich hier vorstellen möchte, haben dies nie zur Grundlage gehabt.

Die Beschreibung werde ich unsystematisch vornehmen, halt literarisch. Manches wird erst später erklärt und manches wird sich vielleicht erst durch Nachfragen konkretisieren. Auch sind Orte, Personen und Situationen fiktiv, da ich die tatsächliche Durchführung nicht anführen darf und kann. Sicher ist eins, dass alles irgendwann so und nicht anders passiert ist.

Der Auftraggeber war eine quasi öffentliche Einrichtung und die Aufgabenstellung war die Schulung einer größeren Anzahl von bereits im der Einrichtung beschäftigten Personen zu PC-Supporter fortzubilden. Die Einrichtung selbst war ausgestattet worden mit Arbeitsplatz-PCs, aber der Umgang mit den Anwendungen und dem PC-Handling war eher bescheiden. Viele Probleme waren nicht unbedingt komplex-technischer Natur, sondern oft Bedienungsfehler und Unwissenheit. Um Stimmung und Arbeitsmotivation nicht kippen zu lassen, sollten aus jeder Abteilung/jedem Bereich einige Mitarbeiter zu PC-Unterstützern fortgebildet werden. Da sie zum einen die typischen Aufgaben und Arbeitsorganisationen kannten und auch persönlich oft ausreichend bekannt waren, versprach man sich sehr viel davon, dass wenn diese Personengruppe ein tieferes PC-Verständnis aufweisen würde, dass sie sich dann hervorragend eignen würden, viele im Alltag vorkommenden Probleme zu beheben. Eine externe Hotline für komplexere Probleme gab es auch; allerdings sollten alle Probleme erst einmal vorqualifiziert werden, bevor die "Externen" dann den Zuschlag bekommen sollten.

Die Zielgruppe, die an der Fortbildung teilnehmen sollte, war zwischen 20 und 60 Jahre alt, hatten alle eine abgeschlossenen Berufsausbildung oder ein Studium und sollten bereits über eine gewissen Erfahrung im Umgang mit PCs, dem PC-Betriebssystem und den typischen Anwendungen verfügen. Es sollten insgesamt mehr als 100 Personen in einem Zeitraum über 3 Jahre an der Fortbildung teilnehmen. Tatsächlich sind mehr als 350 Personen über 7 Jahre hinweg geschult worden. Da der Personenkreis nur einen Teil der Arbeitszeit für diese PC-Support-Aufgaben wahrnehmen sollte, also auch weiterhin für eine Hauptaufgabe in der Organisation zuständig war, waren zeitlich zusammenhängende Fortbildungseinheiten nicht möglich. Auch gab es Kostenrahmen und natürlich die typischen Verfügbarkeitsprobleme (Krankheit, Urlaub usw.), so dass eine möglichst modulares und flexibles Angebot notwendig war. Eine weitere Rahmenbedingung bestand darin, dass der Personenkreis nicht unbedingt motiviert war und es auch eine Avantgarde gab, die durch Teilnahme an der Maßnahme ihren Segen geben sollte (also erst noch überzeugt werden musste, dass die Maßnahme inhaltlich und organisatorisch passte).

Das entwickelte Konzept (inkl. Curriculum) sah dann im Einzelnen vor:

1] umfangreicher Fragebogen, um das Vorwissen feststellen zu können und zur Verfügungstellung verschiedener Text und Materialien zum Selbststudium zwecks Aufarbeitung und Einarbeitung.

2] Einrichtung spezieller PC-Berechtigungen, um auch administrative Aufgaben am PC erledigen zu können.

3] Konzeption und Entwicklung von 4 Unterrichtsmodulen (je 3 Tage Dauer): PC-Grundlagen (Hardware/Peripherie/Betriebssystem), Netzwerk-Grundlagen, Grundlagen des Troubleshooting und des Kundendienstes und Aktualisierungs-/Vertiefungs-Workshop (Themen je nach Bedarf, später wurde hier das Update-Wissen auf neue Betriebssystemversionen behandelt). Die Unterrichtsmodule bauen aufeinander auf (Reihenfolge) und sollten immer mit mindestens 2 wöchigem Abstand besucht werden. Maximal 6 Personen sollten an einer Veranstaltung teilnehmen. Damit konnte man die Unterrichtszeit des Einzelnen von rund 22 Tagen auf 12 Tage verkürzen (intensiverer Unterricht). In den Zeiten zwischen des Modulen gab es Hausaufgaben.

4] Ausarbeitung vor Fallbeispielen und deren Abstimmung mit dem "externen Support". Die Fallbeispiele bildeten die Grundlage für die Rollenspiele in den Unterrichtsmodulen.

5] Integration eines Trouble-Ticketing-Systems (Call-System) und deren Schnittstellen-Implementation (Eskalation-Prozesse, Reports, später auch: internes Abrechnungssystem)

6] stufenweises Einbeziehen der umgebenden Administration (Personalwesen, IT-Abteilung, Einkauf/Beschaffung, Rechenzentrum, Fachabteilungen)

Da einige Maßnahmen parallel abzuwickeln waren, gab es auch die Aufstellung und Schulung eines Trainer-Teams und deren Abstimmung untereinander sowie spezielle methodische Engagements (praktische Übungen, Fragebögen und Durchführungsorganisation), die für ein gleiches inhaltliches Niveau sorgen sollten. Wechselseitige Hospitation der Trainer und Coaching gehörten auch dazu. Ein bereits bestehendes Qualitätsmanagement für Schulungen wurde genutzt (qualitätserhebende Fragebögen und deren Auswertung). Regelmäßige Abstimmungen mit dem Auftraggeber (er konnte auch jederzeit Besucher zu den Veranstaltungen entsenden) sowie ein Change-Management-Prozess (für eventuelle Veränderungen an der Durchführung und inhaltlichen Gestaltung) wurden vereinbart.

Kurzes Szenario des Unterrichts (didaktisches Design): Da es keine feste Zusammensetzung des Teilnehmerkreises für die einzelnen Module gab und sich auch nicht-bekannte Personen treffen konnten, findet immer zu Beginn eine Teilnehmervorstellung mit Erwartungsabfrage statt. Aufgrund der Erwartungen, des Vorwissens und der Modulziele wird gemeinsam (Trainer und Teilnehmer) eine Agenda beschlossen (da mehr als 50% Praxisanteile konzipiert sind, gibt es immer genug Möglichkeiten). Die Vorstellungsrunde ist zugleich als gegenseitiges Kennenlernen und miteinander Warmwerden platziert. Aufgrund der Themenschwerpunkte führt der Trainer in die wichtigsten Punkte per Vortrag oder Frage-Antwort-Dialog ein; der rote Faden und die Wissensübersichten werden auf Metaplan oder Flipchart-Seiten dokumentiert. Es gibt den Unterricht begleitende Skripte, zum Teil Bücher, immer das Web (jeder Teilnehmer hat seinen PC) und Anschauungsmaterial (PC zum Auseinanderbauen) und/oder Exkursionen (Besuch eines Netzwerk-Leitstands). Pro Modul sind 4 Tests (Fragebögen) und mindestens 2 Workshops angesetzt. In den Workshops treten 2 Gruppen gegenseitig an und bauen sich Fehler ein, die die jeweils andere Gruppe dann herausfinden und lösen soll (Dauer eines Workshops ca. 30-60 Minuten). Hausaufgaben werden auf die nächste Modul-Sitzung aufgegeben (Beobachtungsbericht oder Recherche eines Problemfalls) und dort besprochen. Wegen der kleinen Gruppen muss jeder Teilnehmer sich einbringen und Beiträge leisten; es gibt keine Zurückgezogenheit. Jeder kann jederzeit zu jedem Thema Fragen stellen (oder diese direkt beantwortet werden oder erst per Mail nach dem Modul, ist dem Trainer überlassen). Störungen haben Vorrang. Zentrales Lernziel ist: Wissen und Erfahrungen aneignen (auch humorvoll voneinander lernen), um PC-Probleme methodisch zu lösen.

06.02.2009

Spieglein, Spieglein an der Wand ...

Die Meldung ist ja eigentlich überfällig: Werbe-Plakat erkennt Geschlecht und Altersgruppe (siehe ct-Meldung 2009-02-05). Was schon seit der Märchenzeit in unserem Kopf herumgeistert, ist das Werkzeug zur Sichtbarmachung unserer (geheimsten) Wünsche. Jetzt ist es offenbar angekommen. Es verfügt über einen Erkennungsmechnismus, der die Betrachter analysieren und einteilen kann: Geschlecht, Alter.

Bald werden "Befindlichkeit", "Sehnsüchte" usw. folgen, denn auch hier gibt es ja schon zarte Softwarepflänzchen, die so etwas entdecken können. Klar kann man den Betrachter auch wiedererkennen, seine Verweilzeiten vor dem Plakat messen und dies mit anderen Daten abgleichen (er würde ja schon ausreichen, wenn sich die Plakate untereinander die Informationen zukommen lassen). Wir wissen dann das wann und wo und auch das mit wem wir uns das Plakat anschauen, wäre nicht schwierig.

Auch unsere Reaktionen auf die vorgestellten Plakatinhalte könnte man scannen und aufzeichnen, um uns möglichst keine für uns "langweiligen" Inhalte mehr präsentieren zu müssen. Ja möglich wäre das alles schon. Und sicherlich auch für Werbezwecke recht sinnvoll. Ein Schelm, der sich jetzt mehr dabei denkt. Im Grunde ist das doch genauso wie man im Web das Advertising plaziert, auswertet und aufzeichnet. Macht doch jeder so, der einen kostenlosen "social web provider" nutzt oder sich Accounts bei Yahoo oder Google angelegt hat. Wie sagte jemand vor Kurzem? Die Werbezeile bei Googlemail passt sich dem Mailinhalt an, bevor du die Mail gelesen hast.

Gut dass ich einen entspiegeltes Display bei meinem Laptop habe und auch keine Webcam. *gg*

Wenn es dann mal soweit ist, dass diese Werbe-Plakate überall hängen, dann werde ich zum Schleier greifen ...

PS. Kennt jemand zufällig den Film "Das Bourne Ultimatum"? Passt auch ein wenig in diese Überwachungs-Thematik.

01.02.2009

Twitter-Alltag

Nachdem meine Umfrage nun beendet ist und die Auswertung ein wenig Hoffnung macht, dass man Spuren bei anderen hinterlässt (natürlich hat so eine Umfrage auch Ventilfunktionen), möchte ich noch ein paar persönliche Impressionen schildern.

Manchmal ist es deprimierend zu sehen, mit welch fröhlicher, ja geradezu positiver Einstellung getwittert wird: "erfolgreich - schön - umjubelt" will ich das mal kennzeichnen, wenn man gleichzeitig auch die weniger schönen Tweets lesen muss. Klar, nicht alle lesen das, was ich lese, aber so im Durchschnitt ... Da fehlt einem schon manchmal das Mitgefühl füreinander. Es scheint so, als wäre der ganz normale Egoismus auch bei Twitter nicht aufgehoben, obwohl ja eine weltumspannender Hierarchie freier Meinungsaustausch mancherorts bewundert wird, der eigentlich für das Gegenteil wirbt.

Ich habe ein paar Mal eine Diskussion zu einem umstrittenen und umstreitbaren Thema provoziert. Eine richtige Diskussion ist zwar nicht entstanden, aber es gab Rede und Gegenrede und es haben sich doch eine mehr daran beteiligt als ich gedacht hatte. Ich selbst habe gemerkt, dass sich Twitter nicht so gut eignet wie zum Beispiel ein Chat-Channel für solche Diskussionen, aber es wäre schon möglich, wenn man sich schnell zu einem eigenen Thema als Gruppe finden könnte. Hier fehlt was bei Twitter. Auch die Aufzeichnung für eine Nacharbeit ist mühsam. Zwar mag man per Tagging einen Zusammenhalt konstruieren, aber das geht dann wieder auf Kosten der Tweed-Länge.

Gut finde ich die Informationsbekanntgabe mittels Twitter, sei es dass man seinen Blog-Beiträge postet oder Links. Auch das in den Raum Fragen erzeugt oft einen gute Resonanz.

Gelegentlich lese ich von Spam-Tweeds bzw. Span-Twittern. Alles was nicht ganz auf der persönlichen Ebene bzw. nicht direkt auf einen zugeschnitten ist, aber mit einem gewissen kommerziellen Touch versehen ist, zählt wohl dazu. Ein Widerspruch zu den vielgepriesenen kommerziellen Möglichkeiten, die von Evangelisten ausgelotet werden? Weil wenn Advertising so verpackt werden muss, dass es nicht mehr so aussieht, damit es akzeptiert wird, dann stellt sich die Frage erst recht nach Spam (nur erkennen würde man ihn nicht).

Das Hinterhergelaufe nach Followern ist auch sehr zweischneidig: Auf der einen Seite trägt das zum Bauchgepinsel bei, auf der anderen Seite kann man nicht auf seine Follower eingehen, wenn die Zahl größer 200, 300 oder 500 ist. Was ist das dann für eine Heerschar, die einem da folgt? Eine Community? Eine Gefolgschaft, die einen schätzt oder sich Information verspricht? Also mir wäre das nicht wirklich was Wert, wenn da keine persönlichen Bezüge sichtbar würden, weil es eher nach Zufall riecht als nach Struktur (die ich eventuell für die Verbreitung einer Botschaft nützen könnte). Das Gleiche gilt auch analog für die Twitter-Tools, die Ranking oder Beliebtheit suggerieren.

Nach einer Weile wird Twitter eher zu einer netten Nebensache, die man mehr oder weniger verfolgt. Man kann und darf sich also nicht wundern, wenn nicht alle Tweed ankommen bzw. gelesen werden. Und umgekehrt gilt das natürlich auch. Damit der Aufwand der verbindlichen Kommunikation nicht aus dem Ruder läuft, sollte man auf jeden Fall eine zweite Kommunikationsplattform, z. B. Blog, anbieten, in der auf Tweeds refereziert werden kann. Das ist aber kaum der Fall. Es fehlen fast überall die Möglichkeiten, auf einen Tweed gezielt in einem Blog-Beitrag oder Blog-Comment einzugehen. So läuft das belanglosere Twittern, weil nicht steuerbar, nur nebenher.

Ansonsten ist viel Selbstdarstellung in Tweeds zu lesen, ob immer wahr oder nur angegeben, mag jeder selbst fühlen. Ich lese mittlerweile darüber hinweg.

Positiv vermerken muss ich für mich, dass ich einige neue Bekanntschaften machen konnte, diese aber nur in einem virtuellen Raum belassen kann, weil ich ja ein Avatar bin. Aus Games weiß ich, dass es nicht immer ganz unproblematisch ist, sie ins reale Leben zu übernehmen. Umgekehrt scheint es keine Probleme zu bereiten, reale Bekanntschaften auch in der Twitterwelt zu pflegen, weshalb ich in der nächsten Zeit probiere, diese Tworld-Variante etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.

Ich bin zwar nicht aus der Welt, werde mich aber deutlich seltener zu Wort melden.

cya Itari
 
(c) 2008 by 至 Itari