12.02.2009

Nähkästchen (Teil 1)

Berichte über Unterricht geben mehr her als man denkt, wie wohl sich damit meine Empfehlung nach pädagogischen Poems indirekt bestätigt. Daher möchte ich auch über mein Unterrichten etwas erzählen. Da es sich hierbei nicht um spezielle Methoden handelt (auch nicht um LdL), passen diese Berichte nicht unbedingt in den Kontext anderer Stellen. Methodisch könnte ein wenig von dem enthalten sein, was ich einmal in einem Blogbeitrag "Lernen durch Questen" beschrieben habe, was aber höchstens im Nachherein als Klammer dienen könnte, denn die Situationen, die ich hier vorstellen möchte, haben dies nie zur Grundlage gehabt.

Die Beschreibung werde ich unsystematisch vornehmen, halt literarisch. Manches wird erst später erklärt und manches wird sich vielleicht erst durch Nachfragen konkretisieren. Auch sind Orte, Personen und Situationen fiktiv, da ich die tatsächliche Durchführung nicht anführen darf und kann. Sicher ist eins, dass alles irgendwann so und nicht anders passiert ist.

Der Auftraggeber war eine quasi öffentliche Einrichtung und die Aufgabenstellung war die Schulung einer größeren Anzahl von bereits im der Einrichtung beschäftigten Personen zu PC-Supporter fortzubilden. Die Einrichtung selbst war ausgestattet worden mit Arbeitsplatz-PCs, aber der Umgang mit den Anwendungen und dem PC-Handling war eher bescheiden. Viele Probleme waren nicht unbedingt komplex-technischer Natur, sondern oft Bedienungsfehler und Unwissenheit. Um Stimmung und Arbeitsmotivation nicht kippen zu lassen, sollten aus jeder Abteilung/jedem Bereich einige Mitarbeiter zu PC-Unterstützern fortgebildet werden. Da sie zum einen die typischen Aufgaben und Arbeitsorganisationen kannten und auch persönlich oft ausreichend bekannt waren, versprach man sich sehr viel davon, dass wenn diese Personengruppe ein tieferes PC-Verständnis aufweisen würde, dass sie sich dann hervorragend eignen würden, viele im Alltag vorkommenden Probleme zu beheben. Eine externe Hotline für komplexere Probleme gab es auch; allerdings sollten alle Probleme erst einmal vorqualifiziert werden, bevor die "Externen" dann den Zuschlag bekommen sollten.

Die Zielgruppe, die an der Fortbildung teilnehmen sollte, war zwischen 20 und 60 Jahre alt, hatten alle eine abgeschlossenen Berufsausbildung oder ein Studium und sollten bereits über eine gewissen Erfahrung im Umgang mit PCs, dem PC-Betriebssystem und den typischen Anwendungen verfügen. Es sollten insgesamt mehr als 100 Personen in einem Zeitraum über 3 Jahre an der Fortbildung teilnehmen. Tatsächlich sind mehr als 350 Personen über 7 Jahre hinweg geschult worden. Da der Personenkreis nur einen Teil der Arbeitszeit für diese PC-Support-Aufgaben wahrnehmen sollte, also auch weiterhin für eine Hauptaufgabe in der Organisation zuständig war, waren zeitlich zusammenhängende Fortbildungseinheiten nicht möglich. Auch gab es Kostenrahmen und natürlich die typischen Verfügbarkeitsprobleme (Krankheit, Urlaub usw.), so dass eine möglichst modulares und flexibles Angebot notwendig war. Eine weitere Rahmenbedingung bestand darin, dass der Personenkreis nicht unbedingt motiviert war und es auch eine Avantgarde gab, die durch Teilnahme an der Maßnahme ihren Segen geben sollte (also erst noch überzeugt werden musste, dass die Maßnahme inhaltlich und organisatorisch passte).

Das entwickelte Konzept (inkl. Curriculum) sah dann im Einzelnen vor:

1] umfangreicher Fragebogen, um das Vorwissen feststellen zu können und zur Verfügungstellung verschiedener Text und Materialien zum Selbststudium zwecks Aufarbeitung und Einarbeitung.

2] Einrichtung spezieller PC-Berechtigungen, um auch administrative Aufgaben am PC erledigen zu können.

3] Konzeption und Entwicklung von 4 Unterrichtsmodulen (je 3 Tage Dauer): PC-Grundlagen (Hardware/Peripherie/Betriebssystem), Netzwerk-Grundlagen, Grundlagen des Troubleshooting und des Kundendienstes und Aktualisierungs-/Vertiefungs-Workshop (Themen je nach Bedarf, später wurde hier das Update-Wissen auf neue Betriebssystemversionen behandelt). Die Unterrichtsmodule bauen aufeinander auf (Reihenfolge) und sollten immer mit mindestens 2 wöchigem Abstand besucht werden. Maximal 6 Personen sollten an einer Veranstaltung teilnehmen. Damit konnte man die Unterrichtszeit des Einzelnen von rund 22 Tagen auf 12 Tage verkürzen (intensiverer Unterricht). In den Zeiten zwischen des Modulen gab es Hausaufgaben.

4] Ausarbeitung vor Fallbeispielen und deren Abstimmung mit dem "externen Support". Die Fallbeispiele bildeten die Grundlage für die Rollenspiele in den Unterrichtsmodulen.

5] Integration eines Trouble-Ticketing-Systems (Call-System) und deren Schnittstellen-Implementation (Eskalation-Prozesse, Reports, später auch: internes Abrechnungssystem)

6] stufenweises Einbeziehen der umgebenden Administration (Personalwesen, IT-Abteilung, Einkauf/Beschaffung, Rechenzentrum, Fachabteilungen)

Da einige Maßnahmen parallel abzuwickeln waren, gab es auch die Aufstellung und Schulung eines Trainer-Teams und deren Abstimmung untereinander sowie spezielle methodische Engagements (praktische Übungen, Fragebögen und Durchführungsorganisation), die für ein gleiches inhaltliches Niveau sorgen sollten. Wechselseitige Hospitation der Trainer und Coaching gehörten auch dazu. Ein bereits bestehendes Qualitätsmanagement für Schulungen wurde genutzt (qualitätserhebende Fragebögen und deren Auswertung). Regelmäßige Abstimmungen mit dem Auftraggeber (er konnte auch jederzeit Besucher zu den Veranstaltungen entsenden) sowie ein Change-Management-Prozess (für eventuelle Veränderungen an der Durchführung und inhaltlichen Gestaltung) wurden vereinbart.

Kurzes Szenario des Unterrichts (didaktisches Design): Da es keine feste Zusammensetzung des Teilnehmerkreises für die einzelnen Module gab und sich auch nicht-bekannte Personen treffen konnten, findet immer zu Beginn eine Teilnehmervorstellung mit Erwartungsabfrage statt. Aufgrund der Erwartungen, des Vorwissens und der Modulziele wird gemeinsam (Trainer und Teilnehmer) eine Agenda beschlossen (da mehr als 50% Praxisanteile konzipiert sind, gibt es immer genug Möglichkeiten). Die Vorstellungsrunde ist zugleich als gegenseitiges Kennenlernen und miteinander Warmwerden platziert. Aufgrund der Themenschwerpunkte führt der Trainer in die wichtigsten Punkte per Vortrag oder Frage-Antwort-Dialog ein; der rote Faden und die Wissensübersichten werden auf Metaplan oder Flipchart-Seiten dokumentiert. Es gibt den Unterricht begleitende Skripte, zum Teil Bücher, immer das Web (jeder Teilnehmer hat seinen PC) und Anschauungsmaterial (PC zum Auseinanderbauen) und/oder Exkursionen (Besuch eines Netzwerk-Leitstands). Pro Modul sind 4 Tests (Fragebögen) und mindestens 2 Workshops angesetzt. In den Workshops treten 2 Gruppen gegenseitig an und bauen sich Fehler ein, die die jeweils andere Gruppe dann herausfinden und lösen soll (Dauer eines Workshops ca. 30-60 Minuten). Hausaufgaben werden auf die nächste Modul-Sitzung aufgegeben (Beobachtungsbericht oder Recherche eines Problemfalls) und dort besprochen. Wegen der kleinen Gruppen muss jeder Teilnehmer sich einbringen und Beiträge leisten; es gibt keine Zurückgezogenheit. Jeder kann jederzeit zu jedem Thema Fragen stellen (oder diese direkt beantwortet werden oder erst per Mail nach dem Modul, ist dem Trainer überlassen). Störungen haben Vorrang. Zentrales Lernziel ist: Wissen und Erfahrungen aneignen (auch humorvoll voneinander lernen), um PC-Probleme methodisch zu lösen.

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