Also Web 2.0 ist als Synonym für die veränderte Autorenschaft und Interaktivität im Web geprägt worden. Damit das auch vom Volk genutzt wird, braucht es 'leichte' Formen des Schreibens im Web (AJAX). Also her mit aufpolierten Webseiten, die sich wie eine Windows-Anwendung benutzen lassen. Dies ist deswegen common sense, weils im Wikipedia so steht *gg*. Ich lass auch mal die Bewertungen weg, ob man nicht auch schon vor der Prägung dieses Begriffs das nicht genauso gemacht/gedacht hat per Chat, Foren und auf vielen privaten Webseiten. Sei es drum, Fakt ist, dass nun Millionen von Möchtegern-Autoren auf den Weg sind, 'ihr' Web zu machen und das mit aller Macht und Kraft.
Da werden alle Register der Vorteile einer grenzenlosen und direkte Kommunikation gezogen und evangelisiert. Weil man endlich das Gefühl hat, Mann/Frau redet mit ganzen der Welt ... und diese interessiert sich (auch einen Dreck) dafür. Jeder soll erreicht werden und auch beglückt, so versprechen es uns die Promotoren. Was spricht gegen diese Fiktion? Eigentlich nichts, wenn es nicht so verrückt wäre zu glauben, dass alles andere so bleiben könnte, nur angereichert mit ein wenig Web 2.0.
Anachronismen.
Es findet eine (herkömmliche) Konferenz zum Thema Web 2.0 statt. Web 2.0 ist in aller Konsequenz die Abschaffung von herkömmlichen Konferenzen.
Es gibt Bücher zum Thema Web 2.0, welches sich an Web 2.0 Benutzer wendet. Bücher sollen wegen ihrer Statik ja gerade durch Web 2.0 ersetzt werden.
Web 2.0 im Klassenzimmer. Das Klassenzimmer wird durch Web 2.0 abgeschafft, weil es keine Begrenzungen mehr durch Raum und Zeit gibt.
...
BEDENKE: Das Internet wurde erfunden, damit der Informationsaustausch zwischen Wissenschaftlern schneller, einfacher und direkter erfolgen konnte, ohne den Umweg über Kongresse, Bücher, Zeitschriftenartikel. Ohne Rücksicht auf Raum und Zeit sollten die Gedanken ausgetauscht und verknüpft werden können. Das ist der Motor aller Web-Anwendungen!
BEDENKE AUCH: Durch die Veröffentlichung von Informationen/Wissen, wird Informationen/Wissen beliebig. Manche halten sich daher bedeckt oder zurück oder geben falsches Wissen weiter. Nur wer Informationen/Wissen besitzt und dessen Einsatz steuert, verfügt über Informationen/Wissen (im Sinne von "regelt den Zugang zu Informationen/Wissen"). Die Freude über die technischen Möglichkeiten sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass alles seinen Preis hat. Irgendwann wird dieser fällig und eingefordert.
LESE: Kritik an Wikipedia
Gleich noch ein Kommentar hinterher. ;-)
AntwortenLöschenAls das Telefon oder das Fernsehen eingeführt wurde, kamen ähnliche Diskussionen auf. Spricht man heute noch darüber? Ich persönlich bin davon überzeugt, dass das Web 2.0 einen ähnlichen oder sogar größeren Einschnitt in die Gesellschaft darstellt, als das Fernsehen zum Beispiel. Immer mehr Menschen entdecken erst gerade die Möglichkeiten dieser Kommunikationstechniken. Firmen setzen zum Beispiel intern Wikis ein. Ganz einfach, weil es zur Zeit einen Bedarf an Kommunikation gibt und dieser ist größer als früher, weil unsere technologische Welt komplexer geworden ist. Was früher auf dem Briefweg oder mündlich geschehen ist reicht heute einfach nicht mehr aus. Man sagt, Leibniz war das letzte große Genie, welches das gesamte Weltwissen noch im Kopf hatte. Heute kann man nur noch ein Bruchteil von allem Wissen. Daher ist es wichtig schnell an Informationen zu kommen. Das Internet bietet diese Möglichkeit. Du hast in Deinem Artikel Bedenken zum Internet geäußert und die Leute, die versuchen es zu nutzen als Missionare hingestellt. Richtig, der Grad zwischen Missionar und jemanden der von einer Sache überzeugt ist und dies weitergeben möchte ist schmal. Und ich glaube daran, dass sich gute Ideen durchsetzen werden. Klappt es nicht, dann eben nicht, das darf man nicht zu eng sehen.
Aber was ist Dein Fazit? Weg vom Internet? Kritik ist leicht...
Oh, da bin ich missverstanden worden. Ich habe nichts gegen das Web 2.0 und das Internet. Nur wie du schon so richtig einleitend formuliert hast, Telefon und Fernsehen haben die Welt verändert. Das ist richtig: Menschen sehen sich nicht mehr auf Augenhöhe an, sondern werden medial vermittelt. Und es gibt auch Monopole, die das steuern.
AntwortenLöschenNicht anders sehe ich das bei Web 2.0. Auch das verändert. Es wird Präsenzveranstaltungen noch überflüssiger machen, das meine ich damit. Wenn Web 2.0 richtig da ist, dann kannst deinen Job an den Nagel hängen, weil es den nicht mehr so gibt. Es gibt dann keine Schule mehr so wie wir sie kennen.
Vor 15 Jahren gab es mal einen schönen Artikel über eine Schülerin, die 250 Meilen von ihrer Schule entfernt gewohnt hat und per Telefon und E-Mail unterrichtet wurde. Sie wurde gefragt, ob sich durch das Internet was für sie ändern würde ... klar alles hat sich für sie geändert.
Ich wollte nur auf den Anachronismus hinweisen, dass sich die Schule mit Web 2.0 selbst in Frage stellt. Das ist nicht weiter schlimm. Nur so zu tun, als würde man Schule damit bereichern ist falsch. Man ändert sie. Deswegen ärgern mich Versuche, den Schülern ein wenig während der Schulstunde über Web 2.0 beizubringen, anstatt die Schulstunde ganz abzuschaffen. Da hatten die Lehrer zu meiner Schulzeit mehr Mut die Grenzen zu sprengen, wenn du verstehst, was ich meine.
Ansonsten stelle ich mich jeder Kritik. Auch der, dass ich mich laufend über das Schulsystem ärgere und mein Klientel immer erstmal aus ihrer leidvollen Schulzeiterfahrung befreien muss.
Ich glaube nicht, dass die Schule durch das Web 2.0 abgeschafft wird. Vielleicht erfährt sie eine Änderung/ Anpassung oder wie man das auch nennen möchte. Ich zum Beispiel werde Berufsschullehrer und möchte meinen Schülern z.B. das "Feilen" beibringen. Im Netz hätte ich keine Chance, denn ich kann nicht unmittelbar korrigieren. Wie sieht es mit den Fächern Musik, Sport, Werken aus?
AntwortenLöschenAußerdem glaube ich das der Bedarf "persönlich" und ganz physisch vor Ort sein zu wollen noch größer ist. Hast Du mal versucht mit einem Fotoapparat oder einer Filmkamera einen steilen Hang zu fotografieren oder zu filmen? Bisher habe ich kein einziges Bild gefunden, welches die Realität auch nur annähernd richtig beschreibt. Oder, wenn ich vom naturwissenschaftlichen Unterricht spreche kann ich einiges viel besser vermitteln, wenn ich vor Ort bin. Java-Applets sind da nur "Krücken".
Übrigens Schüler/Schülerinnen in Australien wurden früher über das Funkgerät unterrichtet, ansonsten mussten sie zur Schule fliegen. Hier zeigt das Web 2.0 seine Stärken. Aber was ist mit sozialen Kontakten?
Ja du hast es genau richtig verstanden und geschrieben, was ich meine. Ich habe nichts gegen Schule und ich habe nichts gegen Web 2.0 gesagt. Ich meinte nur, dass man sich eigentlich mit Web 2.0 das Funkgerät in die Klasse holt, auch wenn wenn man nicht zur Schule geflogen ist und es eigentlich auch nicht braucht. Nichts gegen das Lernen um den Umgang zu verstehen. Aber wie du schon sagst, mit Web 2.0 verliert man das "persönliche" ein wenig aus den Augen, ok?
AntwortenLöschenZum Feilen ab ich ne andere Einstellung; das wäre für mich wie Federkiel anspitzen. Das macht eh später ein Roboter oder ein CNC-Maschine. Aber ich hab das schon richtig verstanden, was du damit sagen wolltest. Am Rande, alle Beispiele mit Handwerkskunst (!) kann ich gerne mal mit meinem Schornsteinfeger diskutieren, wenn er das nächste Mal mit seinem tragbaren Messgerät die Gasheizung kontrolliert *gg* - tolles Teil mit grauenhaftem User-Interface. (Du merkst gerade, wie viele kleine Falltüren sich immer sofort auftuen, wenn man mit Beispielen argumentiert.)
Ich denke ich habe das Beispiel schon ganz richtig gewählt. Es gibt Dinge, wenn wir beim Feilen bleiben, die nicht von Maschinen übernommen werden. Zum Beispiel versagt jede Maschine in der Autoproduktion, beim Finishen hier ein Beispiel http://www.bwpat.de/ausgabe11/haasler_bwpat11.pdf und das ist nicht nur eine Randerscheinung. Diese handwerkliche Tätigkeiten müssen in direkter Zusammenarbeit gelernt und gelehrt werden. Vielleicht ist noch in diesem Zusammenhang interessant zu wissen, wer eine "perfekte" Kugel(neues Urkilo)herstellen möchte, der muss zum Schluss immer auf Handarbeit zurückgreifen. Das Grobe übernehmen die Maschinen. Aber natürlich hast Du im Prinzip Recht, wer mit Beispielen argumentiert muss darauf aufpassen, dass sie den Kern treffen und vom "Publikum" richtig eingeschätzt werden. Das soll jetzt nicht heißen, dass das Publikum zu dumm ist, sondern einfach mit der Materie nicht vertraut ist. (Ungefähr so, als wenn sich ein Schornsteinfeger und ein Bäcker über das Brötchenbacken unterhalten... hehe, der Becker freut sich über sein Sauerteig und der Schornsteinfeger wirft ihn weg, da der Teig ja sauer geworden ist.)
AntwortenLöschenUnd um auf Dein "ok?" beim Verlust von Persönlichkeit in der Schule zu antworten, muss ich leider passen. Die Frage finde ich schwierig zu beantworten, da ich nicht weiß wo die Reise "Schule 2.0" hinführen wird.
Also gut: feilen. Mein Onkel hat mir sein Meisterstück vererbt. Ein Metallklotz. Warum? Weil ich in meiner Kindheit (nachdem er seinen Meister gemacht hat), auch mal mit der Feile daran rumgemacht habe. Sieht man immer noch *stolz guck*. Er hat das nicht verstanden. Ich hab ihn nicht verstanden, weil er nichts von Kindern verstanden hat. Später war er Betriebsleiter und hat sowieso nicht mehr gehandtwerkt. Mit Computern hat er sich schwer getan obwohl er das brauchte. Ich kann so ca 80 Programmiersprachen, wahrscheinlich, weil ich immer Soziologie so interessant fand und die Physikprofessoren nur dann lustig fand, wenn ihre Versuche nicht auf Anhieb funktionierten. Der Pedell allerdings war Spitze, hat immer vorher das Zeugs aufgebaut und uns erklärt, worauf es ankam. Zurück zum Feilen; ist so wie das Federkielanspitzen oder das Tinteranrühren bei Literaten. Manch brauchen es, manche machen es. Ob die Welt Standards braucht wie das Urkilo (wo es ja auch ohne geht bzw. mit Kopien geht) weiß ich nicht, aber es ist eine zivilisatorische Leistung, dass es Leute gibt, die sich darum kümmern dürfen. Ob es überhaupt Autos geben muss, wird ja auch momentan diskutiert; ist ja wie Pferdedroschken eher historisch zu verstehen. Warum? Weil der einzige wirklich Menschheitstraum schon immer das Fliegen ist *gg*. Und das geht wirklich nur mit Fantasie oder RedBull.
AntwortenLöschenAber ein wenig ernsthafter. Ich frage oft Leute, ob ein Elektron rund ist. Weil man das modellhaft ja so gelernt hat. Und es gibt 1000ende von natur- und geisteswissenschaftlichen Vorstellungen, die nicht richtig bzw. überholt sind, aber bei Leuten, die über uns entscheiden, im Kopf herumspukt und als Begründungsargumente für ihre Entscheidungen herhalten müssen. Das meinte ich vorhin, als ich sagte, dass Beispielargumentationen nicht so toll sind. Nicht weil die Leute es nicht verstehen oder richtig einschätzen würden. Nur ein Beispiel: Kriegsbegründung Irak vor der UN.