Ein schöner Artikel in der Psychologie heute (Oktober 2008) zu diesem Thema.
"Eigentlich bin ich ganz anders, aber ich komme so selten dazu!" Als authentisch gilt, wer in Übereinstimmung mit sich selbst, mit seinen innersten Überzeugungen und Werten lebt und aus ureigenstem Antrieb handelt. Authentizität ist das ungehinderte Ausleben des wahren Selbst im Alltag.
So wird versucht, den Begriff zu füllen. Echtheit - wir wollen so leben, dass wir uns treu bleiben können. Wir leiden, wenn wir uns verbiegen müssen. Maslows Idee der Selbstverwirklichung hat unsere Zeit geprägt. Aber: Erfinden wir unsere Authentizität oder entdecken wir sie nur? Die Suche nach dem wahren Ich gestaltet sich als schwierig. Ist das Zeigen von Gefühlen bereits Echtheit? Oder erst, wenn es an die Grundüberzeugungen geht, an die eigenen Werte? Hängen wir einem Selbstklischee an oder sind wir ehrlich zu uns selbst? Ist das Authentische auch das Kluge, das Sinnvolle in jeder Situation? Oder schließen wir nicht aus Rücksicht auf uns und andere ständig Kompromisse? Lieber ein charmanter cleverer Hochstapler als ein ehrlicher gradliniger Typ sein, der wegen seiner Offenheit gemieden wird?
Die Virtualisierung des Lebens schreitet voran. Wir präsentieren uns dort so, wie es unseren Wunschbildern entspricht: als Avatar oder Fake. Oft nehmen wir sogar multiple Identitäten an. Thomas de Zengitca schreibt: "Von nun an werden die Menschen sich selbst erfinden und diese Erfindungen aufführen. Sie werden nie wieder einfach nur sie selbst sein." Hat es eigentlich je die Realität gegeben? Oder war Realität nicht schon immer ein Konstrukt? Denn auch das Echte muss ja inszeniert werden und geschickt präsentiert werden, damit es überhaupt wahrgenommen wird. Wer nicht authentisch rüberkommt, muss sich "neu erfinden", heißt es, will sagen, muss sich eine neue Persona zulegen, am Image feilen. So kommt es zu der paradoxen Situation, dass uns der als authentisch erscheint, der am besten diese Rolle spielt ...
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